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Koalitionsvertrag 2025

Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode
Was queerpolitisch wichtig ist.
JUSTIZ
Wird von der SPD geleitet, insofern ist grundsätzlich von guten Gesetzentwürfen zum Thema auszugehen.
- Mit der nationalen Umsetzung der Anti-SLAPP-Richtlinie sollen „zum Beispiel von Journalisten sowie zivilgesellschaftlich Engagierten“ vor sogenannten Einschüchterungsklagen geschützt werden. Ein wichtiger Punkt in diesen Zeiten. (Seite 88)
- Im Cyberstrafrecht, bei Deepfakes, im digitalen Gewaltschutz und auch im analogen Gewaltschutz wurden zahlreiche wichtige Verbesserungen vereinbart. Bei all diesen Maßnahmen wird es darauf ankommen, wie inklusiv sie umgesetzt werden. Aber das Potenzial für wirklich gute Entwicklungen ist hier groß. (Seite 90/91)
- Das Namensrecht soll „strukturiert und vereinfacht“ werden. Auch dies eine wichtige und seit vielen Jahren geforderte Maßnahme. (Seite 91)
- Eine Reform des AGG wird kommen (Seite 92). Denn: „Benachteiligungen und Diskriminierungen sind Gift für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung“, wie schon die Union in ihrem Wahlprogramm schrieb.
- Ein Bekenntnis zur Reform des Abstammungsrechts ist leider nicht enthalten. Zu dieser Diskriminierung ist jedoch in diesem Jahr ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu erwarten. Eine gesetzliche Reform wird folglich in dieser Wahlperiode kommen (müssen).
- Ebenfalls nicht enthalten ist die dringend erforderliche Ergänzung queerer Menschen in Artikel 3 Grundgesetz.
MIGRATION
Innenministerium wird von der CDU geleitet.
- Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan soll „soweit wie möglich“ beendet werden. Das bedeutet, Menschen mit bereits erfolgter Aufnahmezusage und Sicherheitsüberprüfung werden auch in Zukunft nicht ihrem Schicksal in Islamabad überlassen. Es erfolgen jedoch keine neuen Aufnahmezusagen. (Seite 93)
- Es soll „Erleichterungen bei Residenzpflicht und Wohnsitzauflage“ für Opfer häuslicher Gewalt geben. Eine wichtige Maßnahme und eine langjährige Forderung, damit geflüchtete Gewaltbetroffene in Zukunft überhaupt die Möglichkeit für Zugang zu Schutzräumen (Frauenhäusern) haben. (Seite 95)
- „Die behördenunabhängige Asylverfahrensberatung werden wir ergebnisoffen evaluieren.“ Diese Einigung ist viel wert, weil zu befürchten war, dass diese Beratung ersatzlos abgeschafft wäre. (Seite 96)
- Darüber hinaus verweisen wir auf die wichtigen Einschätzungen der AG Migration und Vielfalt in der SPD.
FAMILIE, SENIOREN, FRAUEN UND SPORT
Ministerium wird von der CDU geleitet.
- Umfangreiche und gute Bekenntnisse im Zusammenhang einer Gleichstellungsstrategie. Hier wird es am Ende auf die (zumal inklusive) Umsetzung ankommen. (Seite 101)
- Ebenso gutes Bekenntnis zur Unterstützung ungewollt kinderloser Paare. Hier wird maßgeblich sein, wie gut auch Regenbogenfamilien bei der Umsetzung berücksichtigt werden. (Seite 102)
- Es wird keine vorschnelle und ideologisch getriebene Gesetzgebung zum Thema Sexarbeit/Prostitution geben. Das ist ein wichtiges Signal. Stattdessen soll „Im Lichte der Evaluationsergebnisse zum Prostituiertenschutzgesetz […] mit Unterstützung einer unabhängigen Experten-Kommission bei Bedarf [nachgebessert werden].“ Die Evaluationsergebnisse sind für diesen Sommer angekündigt, und es steht zu hoffen, dass in der anschließenden Kommission insbesondere Personen und Institutionen vertreten sein werden, die von der gesetzlichen Lage betroffen sind. (Seite 103)
- Das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ bleibt, und es wird nicht beim Innenministerium angesiedelt. Auch das wichtige Signal in dieser Zeit. Ansonsten wird im Detail sehr genau auf die weitere Ausgestaltung zu achten sein. (Seite 104)
- Auch das klare Bekenntnis zur Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist ein wichtiges Signal in dieser Zeit. (Seite 104)
- Das Bekenntnis zur „geschlechtlichen Vielfalt“ liest sich nett und fast, wie ein Bekenntnis zur Ergänzung von Artikel 3 Grundgesetz oder zum Nationalen Aktionsplan „Queer leben“. Aber eben auch nur fast. Denn neben wolkigen und ehrlich gesagt falschen Formulierungen (Überschrift: Geschlechtliche Vielfalt, Text: Sexuelle Orientierung) ist an dem Absatz nichts belastbar. Er weiß insofern bedauerlicherweise auf Defizite bei der Zusammensetzung der Verhandler*innen hin. (Seite 104)
- Für das Selbstbestimmungsgesetz hätte es sehr viel schlimmer kommen können, schließlich wollte die Union es gänzlich abschaffen. Es ist insofern ein Erfolg, dass das Gesetz selbst nicht unmittelbar noch einmal Gegenstand eines Gesetzgebungsverfahrens wird. Stattdessen könnte (aber dieser Satz ist wenig greifbar formuliert) das Thema Datenübermittlung noch einmal auf die Tagesordnung rücken. Und die Bereits ohnehin vorgesehene Evaluation wird vorgezogen. Dass sich dafür altbekannte Narrative (Kinderschutz, Schutz von Frauenschutzräumen) eingeschlichen haben, ebenso wie dieses absurde Bekenntnis zu den Rechten von „trans- und intersexuellen Personen“, weist bedauerlicherweise ebenfalls auf Defizite bei der Zusammensetzung der Verhandler*innen hin. (Seite 104)
GESUNDHEIT
Ministerium wird von der CDU geleitet, insofern wären konkretere Einigungen hilfreich gewesen.
- Die Einigung auf eine „zielgruppenspezifische Ansprache“ im Kontext von Prävention kann hilfreich im Kontext von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten sein. (Seite 106)
- Ebenso kann die Einigung zu zielgruppengerechter Versorgung „inklusive queere Menschen“ ein Anknüpfungspunkt für wichtige Maßnahmen sein. Der Verweis auf „alle Geschlechter“ zeugt außerdem von einer größeren Sensibilität der Verhandler*innen in diesem Bereich. Am Ende sind diese Formulierungen aber so vage, dass sie wohl kaum belastbar sein werden. (Seite 111)
- Außerdem ist bedauerlicherweise keine Einigung zum Schließen von Schutzlücken im OP-Verbot und im gesetzlichen Verbot von Konversionsmaßnahmen enthalten.
- Die Bekenntnisse im Kontext von globaler Gesundheit sind insbesondere in diesen Zeiten ein wichtiges Signal. Maßnahmen in diesem Bereich werden eher durch das Entwicklungsministerium (SPD) umgesetzt. (Seite 112)
AUßENPOLITIK
Ministerium wird von der CDU geleitet.
- Unter Verweis auf die „VN-Resolution 1325 „Frauen, Frieden, Sicherheit“ findet sich tatsächlich ein Bekenntnis zum Konzept der feministischen Außenpolitik wieder. Dieses Bekenntnis kann Anknüpfungspunkt für gute Maßnahmen sein. Konkret und damit belastbar ist es bedauerlicherweise nicht. (Seite 129)
- Ebenso finden sich viele Bekenntnisse zur Wichtigkeit von Menschenrechten und Zivilgesellschaft wieder. Wie belastbar die im Alltag sind, wird sich erst noch zeigen müssen. (134 ff.)
- Ein wirklich gutes Signal ist hingegen die Einigung „Die Bundesregierung wird die zivilgesellschaftlichen Akteure in Ländern des Globalen Südens weiter stärken und sich für den Schutz und die Erweiterung von deren Freiräumen einsetzen.“ Damit wird der Weg weiter beschritten, diese so wichtige Arbeit zu finanzieren, auch und gerade, wenn staatliche Repression/Verfolgung droht und also die Zusammenarbeit mit den Regierungen schwieriger wird. (Seite 134)
- Ebenso wertvoll kann das Bekenntnis sein, in Zukunft „noch konsequenter gegen Rechtsstaatsverstöße“ in der EU vorzugehen. Damit lässt sich begründen, dass die Bundesregierung auch in Zukunft als Prozesspartei in Verfahren vor europäischen Gerichten gegen andere Mitgliedsstaaten auftritt. Auf diesem Weg konnten in der Vergangenheit wichtige Entscheidungen unterstützt werden.
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