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2023 - Safety Queer
UNSERE CSD-KAMPAGNE 2023
Täglich werden in Deutschland Menschen Opfer queerfeindlicher Gewalt aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität. Leider steigt die Anzahl der Übergriffe seit Jahren stark und dies bei bestehend hoher Dunkelziffer.
Gründe des Hasses auf LGBTIQ* sind vielseitig: ein traditionelles Rollenverständnis, toxische Männlichkeit, kulturelle und religiöse Prägungen sowie gezielte Desinformationen. Die Folgen für Betroffene von Queerfeindlichkeit sind dramatisch. Wer seine eigene Person aus Angst vor Gewalt und Diskriminierung in Familie, Beruf oder im Alltag verstecken muss oder gar angegriffen wird, erfährt massive Einschränkungen der Selbstbestimmung und freien Entfaltung.
Um diesem Missstand entgegenzuwirken, hat das Bundeskabinett erstmals einen Nationalen Aktionsplan für queeres Leben beschlossen – ein riesengroßer Erfolg unserer Koalition! In diesem Fahrplan wird neben rechtlicher endlich auch die gesellschaftliche Anerkennung und Akzeptanz von LGBTIQ* fokussiert, um Diskriminierungen zu beseitigen. Denn unsere erkämpften Rechte nützen nichts, wenn unsere Sicherheit in Schulen, bei der Arbeit und auf den Straßen gefährdet ist. Wir sagen deshalb, in Anlehnung an “Sicherheit zuerst”: Safety Queer: Unsere Vielfalt schützen!
Unsere Kernthemen...
Nach Angaben der Bundesregierung werden in Deutschland jeden Tag mindestens drei Menschen Opfer queerfeindlicher Gewalt – mit steigender Tendenz. 2001 wurden bspw. 48 Fälle erfasst, 2021 waren es 1.051 Fälle – eine Steigerung um mehr als das 20-fache! Diese Zahlen repräsentieren jedoch nur die offiziell registrierten Taten. Bei einem Dunkelfeld von 80 - 90 % sehen wir nur die Spitze des Eisberges! Diesen Straftaten muss der Staat entschlossen entgegentreten.
Ein erster Erfolg ist die Überarbeitung des Sanktionsrechts und Veränderung der Strafzumessung durch Beschluss des Bundeskabinetts im Dezember 2022. Der neue Gesetzentwurf beinhaltet "geschlechtsspezifische" sowie "gegen die sexuelle Orientierung gerichtete" Tatmotive als weitere Beispiele für menschenverachtende Beweggründe und Hasskriminalität. Dieser Gesetzentwurf ist durch den Ausbau der Aufklärungs-, Präventions- und Sensibilisierungsarbeit zum Thema Hasskriminalität sowie die flächendeckende Einsetzung von unabhängigen und hauptamtlichen Beauftragten und Ansprechpersonen für queere Menschen bei der Polizei sowie in der Staatsanwaltschaft zu unterstützen.
Darüber hinaus braucht es eine Evaluation der bisherigen Maßnahmen sowie einen barrierefreien Opferschutz, der allen Opfern eine diskriminierungsfreie Inanspruchnahme von Hilfen ermöglicht und die Hemmschwelle der Anzeige senkt. Nur durch korrekte Erfassung und Klassifizierung von Hasskriminalität können aussagekräftige Statistiken erstellt und Dunkelfelder beleuchtet werden.
Der Schutz von Minderheiten darf sich nicht auf Safe-Spaces wie queere Partys, CSDs sowie queere Jugend- und Kulturzentren beschränken. Jede*r muss sich in der Gesellschaft zu jeder Zeit sicher fühlen. Deshalb sagen wir: Safety Queer: Unsere Vielfalt schützen!
Hass und Gewalt im digitalen Raum begegnen LGBTIQ* tagtäglich. Hassrede sowie andere Formen von Online-Mobbing und Diskriminierung richten sich gegen einzelne LGBTIQ* oder die gesamte queere Community. Studien zeigen, dass queere Menschen durch das erhöhte Risiko für Online-Mobbing und Hassrede häufiger an Angstzuständen, Depressionen und Suizidgedanken leiden.
Aus diesem Grund ist die Polizei und Justiz für digitale Hasskriminalität zu sensibilisieren und sollte das Anzeigen von digitalen Straftaten online in allen Bundesländern ermöglichen und konsequent verfolgen. Zudem sind Anbieter von Online-Plattformen in die Pflicht zu nehmen, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um Hassrede und Diskriminierung zu verhindern und zu bekämpfen. Hierzu zählen die Überwachung öffentlicher Inhalte, die Verhängung von Sanktionen bei Verstößen gegen Community-Richtlinien, vereinfachte und transparente Meldeverfahren sowie die Bereitstellung von Ressourcen und Unterstützung für Opfer. Dabei sind gesetzliche Regelungen wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz konsequent anzuwenden, um unsere Vielfalt auch im Digitalen zu schützen. Denn auch im Netz gilt: Safety Queer: Unsere Vielfalt schützen!
Rechte Gewalt richtet sich häufig auch gegen LGBTIQ* und wird durch die Verbreitung von Falschinformationen sowie systematischer Diskriminierung durch rechtsextreme Netzwerke befeuert. Die Sicherheit queerer Menschen ist dabei immer verbunden mit der Sicherheit und dem Schutz aller marginalisierter Gruppen.
In einer freien Gesellschaft hat rechtes Gedankengut, welches auf Ausgrenzung und Diskriminierung von Minderheiten setzt, keinen Platz. Deshalb müssen Initiativen und Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus gerade in Zeiten von wieder aufflammendem Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Queerfeindlichkeit stärker gefördert werden. Die Unterwanderung von Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen durch Personen mit rechtsextremistischem Gedankengut ist sorgfältig aufzuklären, denn in Polizei, Staatsanwaltschaft, Verfassungsschutz und Ausländerbehörde dürfen Verfassungsfeinde keine Macht ausüben.
Rechtsextreme Netzwerke und verfassungsfeindliche Organisationen sind zu zerschlagen. Hierfür ist das Demokratiefördergesetz umzusetzen und finanziell auszubauen. Nicht nur als Sozialdemokrat*innen ist für uns der Kampf gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit eine Pflicht, denn es gilt: Safety Queer: Unsere Vielfalt schützen!
LGBTIQ*-Rechte sind Menschenrechte! Wir stehen solidarisch an der Seite aller queeren Menschen überall in der Welt. Das Erstarken von Autokratien wie bspw. Polen, Ungarn und Russland sowie der von den neuen Rechten und religiösen Oberhäuptern geschürte Hass gegen queere Person führte in den letzten Jahren zu einer Zunahme von Diskriminierung und Gewalt. Laut des aktuellen Berichts der ILGA-Europe über die Menschenrechtslage von LGBTIQ* in Europa und Zentralasien war 2022 das Jahr mit der höchsten Gewaltrate gegen queere Menschen des vergangenen Jahrzehnts.
Die Gefahr des gesellschaftlichen sowie politischen Rollbacks und der damit verbundene Verlust queerpolitischer Fortschritte ist so groß wie nie. Deshalb müssen im Rahmen der feministischen Außenpolitik Perspektiven von LGBTIQ* bei allen außenpolitischen Entscheidungen berücksichtigt werden, um Queerfeindlichkeit aktiv zu bekämpfen.
Wir begrüßen das LGBTIQ*-Inklusionskonzept der Bundesregierung für die Auswärtige Politik und die Entwicklungszusammenarbeit. Dieses Konzept ist konsequent umzusetzen, um Rechte und Bedürfnisse von LGBTIQ* in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit besser zu schützen.
Queere Schutzsuchende müssen in Deutschland sicher leben! LGBTIQ* als vulnerable Gruppe sind bei der Unterbringung von Schutzsuchenden entsprechend zu schützen. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass queere Menschen in Bundes- und Landesaufnahmeprogrammen separat berücksichtigt werden. Denn es gilt in Deutschland und überall auf der Welt: Safety Queer: Unsere Vielfalt schützen!
Prävention und Aufklärung sind erheblich auszubauen, um sicheres Leben für LGBTIQ* zu gewährleisten. Ausgrenzende Unwissenheit, Vorurteile, Stigmatisierung und Diskriminierung erfahren LGBTIQ* in allen Lebensbereichen häufig. Insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene sind davon besonders betroffen. Aus diesem Grund müssen Aufklärungs- und Beratungsstellen flächendeckend im gesamten Bundesgebiet geschaffen werden, die auch über rechtliches und medizinisches Fachwissen verfügen. Diese Aufklärungs- und Beratungsstellen sind ausreichend finanziell auszustatten. Dazu gehört außerdem die finanzielle Stärkung bereits bestehender Beratungsangebote aus der queeren Community, die sich seit Jahren ehrenamtlich in diesem Bereich engagieren.
Im Bereich der Bildung sind Lehrkräfte umfassend zum Thema LGBTIQ* in Aus- und Fortbildung zu schulen und für das Thema zu sensibilisieren. In den Bildungsplänen aller Länder sind alternative Lebens- und Liebesformen verpflichtend und werturteilsfrei zu unterrichten, damit allen Kindern und Jugendlichen eine freie Entfaltung ermöglicht wird. Nur so kann frühzeitig Vorurteilen und Diskriminierungen von LGBTIQ* entgegengewirkt werden. Denn auch für Kinder und Jugendliche gilt: Safety queer – Unsere Vielfalt schützen!